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Warum sind uns Rituale so wichtig?

Rituale helfen eine Unterrichtsstunde harmonischer und qualitativ hochwertiger zu gestalten. Wenn alle Kinder wissen wie der zeitliche Ablauf ist und wo sie sich hinsetzen müssen, dann bleibt mehr Zeit für den Trainer Kinder individuell zu fördern. Durch klare Abläufe werden Verzögerungen und Konflikte vermieden, damit die wertvolle Kurszeit bestmöglich genutzt werden kann.

 

 

Was ist der Unterschied zwischen Regeln und Ritualen?

 

 

Regeln sind bestimmte Verkehrsformen die im Gruppenunterricht gelten, z.B. nicht schlagen oder treten, keine Schimpfwörter benutzen usw.

 

 

Rituale gehen über Regeln hinaus. Sie sind ganzheitlicher und werden nicht nur über Sprache vermittelt. Die Vermittlung von Ritualen läuft über Motorik, Emotionen und möglichst viele Sinne. Außerdem entfalten Rituale eine bestimmte Symbolkraft wie zum Beispiel das Verbeugen vor dem Partner in der Kampfkunst. Es bedeutet Respekt und Wertschätzung für den Trainingspartner.

 

 

Wie wirken Rituale?

Rituale beinhalten immer eine Botschaft. Viele Handlungen und Emotionen können nur schwer in Worte gefasst werden, sodass Rituale einen Platzhalter für diese Gefühle darstellen.

 

 

Rituale wirken nur, wenn sie regelmäßig wiederholt werden. Anfangs stellt es eine feste Gewohnheit dar, die dann fließend zur einem Ritual wird. Sobald dieses bekannt ist, muss es nicht jedes Mal neu eingeführt werden. Dadurch können sich die Teilnehmer auf das Wesentliche konzentrieren.

 

 

Welche Rituale werden bei PAZURU Kids und Teens im Unterricht genutzt?

Soziale Rituale unter den Kindern:

1. neue Kinder begrüßen:

Wenn ein neues Kind am Unterricht teilnimmt, setzt es sich mit in den Begrüßungskreis. Jedes Kind begrüßt dann mit einem High-Five das neue Kind und stellt sich mit Namen vor. So kommt ab dem ersten Moment zwischen dem neuen Kind und den anderen Kindern zu einer Interaktion und auch zum Körperkontakt untereinander. Somit fühlt sich das neue Kind direkt wohler, da es bereits jedes Kind kennen gelernt hat.

2. Mentor-Programm:

Während des Begrüßungskreises wird ein/e Freiwillige/r gesucht, der das „Vorbild“ für das neue Kind ist und die gesamte Stunde an seiner Seite ist. Dieses Ritual hilft nicht nur dem neuen Kind; auch das erfahrene Kind lernt eine neue Rolle kennen und kann als Vorbild glänzen.

3. Abschluss-Team-Kreis:

Am Ende der Unterrichtseinheit legen alle die Hände übereinander und auf drei wird laut „PAZURU“ geschrien. Dies findet immer direkt nach dem Auspowern statt, sodass alle keuchend und lachend nah beieinander stehen und ein echtes Teamgefühl spüren. In diesem Moment liegt eine großartige Energie in der Luft.

4. Voreinander verbeugen:

Vor und nach jedem Übungskampf verbeugen sich die Kinder vor ihrem Partner. Es ist nur eine kleine Geste, aber durch die Verbeugung zeigen die Kinder einander, dass sie die Regeln achten und den anderen wertschätzen. Zu der Verbeugung sagt der Trainer: „Respekt, ich passe auf dich auf. Wir kämpfen miteinander, aber wir tun uns nicht weh.“

Soziale Rituale Kind-Trainer:

1.  Begrüßungskreis am Rand der Matte:

5-10min vor Beginn der Stunde setzt sich ein Lehrer mit den Kindern an den Mattenrand. Dort ist für alle die Zeit für Geschichten aus dem Kindergarten/Schule, Urlaubserlebnisse usw. Hier kann der Trainer die Kinder näher kennen lernen, erfährt etwas über das Umfeld der Kinder oder auch über die aktuelle Tagesform der Kinder.

2.  Begrüßung durch High-Five

Jedes Kind wird bei PAZURU von jedem Trainer auf die gleiche Art begrüßt. In Form eines High Fives wird Körperkontakt aufgebaut und eine Wertschätzung jedes einzelnen Kindes gezeigt. Selbstverständlich werden die Kinder alle mit Namen angesprochen.

3.  Verabschiedung in der Reihe

Am Ende der Stunde laufen alle Lehrer hintereinander an den Kindern vorbei und verabschieden jeden mit einem „Speed“-High Five. Jedes Kind hat so die Möglichkeit noch einmal in Kontakt mit dem Trainer zu kommen und weiß genau, dass dieses Ritual das Ende der Stunde darstellt.

Rituale im Ablauf (zeitliche Ankerpunkte):

1. An- und Abgrüßungszeremonie

Wie in der Kampfkunst üblich, stellt sich die Gruppe zum An- und Abgrüßen in eine Reihe und kniet ab. Nach einer Ruhephase (10-60 Sekunden je nach Alter) verbeugen sich die Kinder und Lehrer voreinander. Dieses zur Ruhe kommen vor und nach der Stunde hilft den Kindern vom Alltag abzuschalten und sich voll auf die Stunde einzustellen.

2. Stunde beginnt immer mit einem Fangspiel

Fangspiele sind einfach zu verstehen, dynamisch und verlangen keine Vorkenntnisse. Vorteile: Neue Kinder können sofort mitmachen und auch wenn Kinder später kommen, wissen sie direkt wie das Spiel abläuft. Nach all dem Sitzen und Konzentrieren in der Schule können sie sich erst einmal auspowern und losrennen.

3. Trinkpause

Es wird genau eine Trinkpause während einem festen Programmpunkt durchgeführt. Während des Mattengesprächs dürfen die Kinder trinken und gleichzeitig wird über das Monatsthema gesprochen. Dadurch weiß jedes Kind wann die Trinkpause stattfindet.

Räumliche Ankerpunkte:

1. Ort des Begrüßungskreises

Dort setzen sich Trainer und Kinder vor Beginn der Stunde zusammen. Auch wenn die Eltern ihr Kind nur an der Tür abgeben, weiß jedes Kind genau wo sich alle treffen und die Kinder kommen nach und nach zum Begrüßungskreis hinzu.

2. Ort für die Gürtel

Der Gürtel ist ein wichtiger Teil der Kampfkunstkleidung. Da der Gürtel schnell zu Boden fällt, bildet er ein Verletzungsrisiko und es kann schnell zu Chaos kommen, wenn jeder seinen Gürtel wieder finden möchte. Deshalb muss jeder, der seinen Gürtel verliert, diesen selbst aufhängen, um ihn vor dem Abgrüßen wieder anzulegen.

3. Technik-Unterrichts-Punkte

Diese kleine Punkte sind in einer Linie am Boden angeordnet. Hier nehmen die Kinder Platz, wenn Kampfkunsttechniken vermittelt werden. Dieser Ort wird bei den Kindern mit Konzentration und dem Lernen neuer Techniken verknüpft.

4. Mattengesprächspunkte

Diese Punkte sind kreisförmig angeordnet. Dort wird das Mattengespräch zu sozialen Werten (Respekt, Disziplin usw.),  Selbstbewusstsein (Mut, Umgang mit Fremden usw.) oder gesunde Ernährung geführt. Dies ist ein Ort für soziale Interaktion.

Fazit:

Die Gefahr bei Ritualen ist, dass sie so eng gesteckt sind, dass keine Entwicklung mehr möglich ist. Deshalb sollten Rituale stets nur einen Rahmen bilden, innerhalb dessen eine individuelle Entwicklung möglich ist.

Es sollte regelmäßig in der Gruppe über die Bedeutung der Rituale gesprochen werden, sodass allen Teilnehmern die Sinnhaftigkeit klar ist (Beispiel: Bei jeder Verbeugung sagt der Lehrer „Respekt, ich pass auf dich auf“, um das Ritual mit dessen Bedeutung verbal zu unterstreichen).

Unserem PAZURU Unterricht geben Rituale eine Struktur, ein Gerüst, das mit abwechslungsreichen Spielen, Kampfkunst-Techniken zur Förderung von Motorik und Koordination und Sozialkompetenztraining ausgeschmückt wird.

So kann das Kind in einem geschützten Rahmen seine Grenzen neu entdecken und persönlich wachsen.

Quellen:

http://www.pb.seminar-albstadt.de/bereiche/paedagogik/paed/rituale.pdf (Staatliches Seminar für Didaktik und Lehrerbildung (GHS) Albstadt, Pädagogik, Christoph Straub ©

– J. Zirfas in Vom Zauber der Rituale